Ohne den Rhein gäbe es Urfeld nicht und vor allem nicht die fruchtbare Rheinauenlandschaft mit dem milden Klima. Andererseits bedrohte und überschwemmte der Rhein in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder mit seinen Hochwassern und Eisgängen das Dorf, bis zur heutigen völligen Eindeichung
Bereits 1619 schreibt die Äbtissin von Dietkirchen “daß der abgebrannte alte Frohnhof nicht mehr an der alten Stelle gebaut werden kann, da hier der Rhein eingebrochen sei!"
Der Standort unserer Kirche auf dem freien Feld zwischen dem Unter- und dem Oberdorf (siehe Karte von 1845) wurde von unseren Vorfahren sicherlich wegen der weitgehend hochwasserfreien Lage gewählt. 1862 wurde das alte Pfarrhaus wegen der vielen Hochwasser, die regelmäßig zuerst das Unterdorf überschwemmten, von der Ecke Weidenweg/Rheinstraße neben die heutige Kirche verlegt.
Das höchste bekannte Hochwasser mit Eisgang ereignete sich 1784 und brachte viel Elend über Urfeld. Es übertraf das mit vielen Bildern festgehaltene Hochwasser von 1926 noch um 2,73 m. Das Hochwasser von 1784 überflutete über den alten Rheinarm zwischen Urfeld und Wesseling sogar Keldenich und zerstörte die Kapelle in Widdig
Erst nach dem Hochwasser von 1882 wurde der Rodderweg-Damm und der Dammweg hinter dem Unterdorf errichtet. Zur Erhöhung des Weidenweges im Bereich des Hauses Döring wurde sogar das Abbruchmaterial der alten Urfelder Kirche verwendet. Das eigentliche Unterdorf war somit nach 1882 bis zu einem Pegelstand von 9,50 m Kölner Pegel eingedeicht. Dieser Pegelstand wurde mit 9,58 m im Jahre 1920 übertroffen und das Unterdorf nach dem Bruch der Rheinmauer im Bereich der heutigen Botschaft bis in Höhe Reinstraße/ Ecke Kirchstraße überschwemmt.
In der Silvesternacht 1926 brach die Mauer wieder und überflutete das Unterdorf bis in Höhe Rheinstraße/Ecke Pfeifersgäßchen.
Frau Christine Rothermund geb. Kuth schildert die Hochwassernacht von 1926 wie folgt:
In der Silvesternacht 1925/26 schlief ich in meinem Elternhaus in der Rheinstraße/Kirchstraße. Gegen Mitternacht wurde ich durch lautes Geschrei, Getöse auf der Straße und Glockengeläut geweckt. Mit meinen Geschwistern eilte ich zum Straßenfenster. Von der heutigen Botschaft her kommend, überflutete der Rhein die Dorfstraße (heutige Rheinstraße) und drang mit lautem Getöse über die Kellerschächte in die Hauskeller ein. Die beiden Erddämme in Höhe der Wirtschaft Schmitz und Rheinstraße/Pützstraße k onnten die Wassermassen nicht bremsen, da es nicht rechtzeitig gelungen war, die seitlichen Gossendurchlässe zu schließen. Auf der Straße wurde mit lautem Geschrei und viel Hektik das Vieh (Kühe, Pferde, Schweine und Federvieh) eilig in Richtung Heiligenhäuschen auf hochwassersichere Felder bzw. Ställe
Der Ortsvorsteher Engelbert Schmitz kam mit ausgebreitetem Mantel die Straße heruntergelaufen und wollte sich so gegen die Rheinfluten stemmen.
Glücklicherweise hatten die Bauern bis in Höhe Rheinstraße/Ecke Pützstraße einen wesentlichen Teil ihres Viehs aufgrund der Erfahrungen mit dem Hochwasser von 1920 bereits tags zuvor in Sicherheit gebracht.
Bei dem Versuch meines Bruders Josef, mit einem großen Holzbottich die Kaninchen unseres Nachbarn zu retten, kenterte er in den Rheinfluten.
Die Rheinfluten kamen erst in Höhe Pfeiffersgäßchen/Rheinstraße zum Stillstand, wo man mit vereinten Kräften in der Nacht einen Erddamm mit allen verfügbaren Fuhrwerken und Erdreich von den Feldern neben dem Heiligenhäuschen errichtete. Mittlerweile erreichte das Wasser in unserer Küche die Herdfeuerung.
Der Fischer Karl Kirchhardt und der Fährmann Jakob Schorr versorgten die Familien in den überschwemmten Bereichen mit ihren Fischerkähnen mit den notwendigen Lebensmitteln. Die Überschwemmung des Unterdorfes hielt bis zum Sonntag, den 4. 1.26 an.