72 glitschige Zentimeter

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aalknig.jpgFrüh ins Bett gehen darf man nicht, wenn man einen Aal an der Angel hängen haben möchte, denn die glitschigen Gesellen sind vor allem nachts aktiv. „Zwischen zehn Uhr und Mitternacht beißen sie am besten“, berichtete Manfred Rothermund, der Vorsitzende des Fischervereins Urfeld. „Dann braucht man noch eine Grundangel, mit der man am Flussgrund fischen kann, und ein bisschen Glück.“

Knapp 20 Angler des Fischervereins hofften in den vergangenen drei Wochen auf dieses Quentchen Glück, dass sie zum Aalkönig machen sollte, aber Willi Brodesser hatte zum zweiten Mal die Nase vorn. Seinen Tauwurm, den der Urfelder selbst frühmorgendlich im Morgentau am Rheinufer aufgelesen hatte, fand der 72 Zentimeter lange Rheinaal am 29. Juni ganz besonders schmackhaft. Und dieses Exemplar sollte bis zur samstäglichen Aalnacht das längste bleiben.

Artenreichtum gestiegen

„Ich bin seit elf Jahren im Fischerverein Urfeld Mitglied und darf nach vier Jahren bereits zum zweiten Mal die Aalkönigswürde für mich beanspruchen“, erzählte der passionierte Angler. Ursprünglich fand er das Angeln am Rhein lange Zeit völlig langweilig, aber sein Sohn Martin brachte ihn dazu, seinen Fischereischein zu machen. Seitdem ist Brodesser dem Fischen verfallen. 82 Zentimeter maß der längste Aal, den die Angler vom Fischerverein jemals fangen konnten, erinnerte sich Rothermund. „Aber so große Aale wie dieses Jahr werden längst nicht jedes Mal gefangen.“

Mit dem sauberen Wasser dank neuer Kläranlagen schrumpfte der Fischbestand, weil das Nahrungsangebot fehle. Aale fressen im Prinzip alles, was im Wasser schwimmt, auch die Kormorane, die von der Ost- und Nordsee kommend die Flüsse in den letzten Jahren erobert haben, dezimierten die Fangzahlen ordentlich. „Aber der Artenreichtum ist um 100 Prozent gestiegen“, berichtet der Vorsitzende. Knapp 40 Fischarten, darunter natürlich der Rheinaal, tummeln sich im Gewässer, und weil das Wasser jetzt sauber sei, seien auch alle schmackhaft.

Davon ist auch Rudi Klein überzeugt, denn bei ihm gibt es zwei- bis dreimal im Monat eigens geangelten Fisch auf dem Essenstisch. Leider nur zwei Tage lang konnte sich der Zweitplatzierte allerdings der Illusion hingeben, den größten Aal an der Angel gehabt zu haben. 64 Zentimeter maß sein Raubfisch, aber für den Sieg erwies er sich dann doch als zu klein. „Ich bin schon als fünfjähriger Bursche mit meinem Großvater angeln gegangen, deshalb kenne ich die Urfelder Rheinstrecke ganz genau“, so Klein. „Das ist die eine Voraussetzung, einen Aal zu angeln, die andere ist, dass man sich ein wenig in das Tier hereinversetzen kann.“ Man müsse nun mal ungefähr wissen, wo sich der Fisch aufhalte.

Geräuchert wird das siegreiche Exemplar übrigens von Willi Brodesser persönlich und dann der ganzen Familie ordentlich schmecken. Auf der Aalnacht gab es allerdings nur Matjes- und Lachsbrötchen, aber auch die dienten den 1500 Gästen als Stärkung für den Tanzmarathon zur Musik der Band „Ex und Hopp“ am Rheinufer Urfelds.

© Ksta VON SABINE ULBRICH
Foto: Manfred Rothermund